Honigbienen- und Insektenforschung

Wer hätte das gedacht?

Viele Erkenntnisse zu Honigbienen, zum Beispiel wie sie sich orientieren, was sie wahrnehmen, wie sie sich fortpflanzen, wurden erst in den vergangenen Jahrzehnten erlangt. Und die Entdeckungs - Reise ist noch lange nicht zu Ende...

Wie zuverlässig sind die Methoden der Befallsschätzung der Varroamilbe?

Live- Blog von der AG- Tagung der Institute für Bienenforschung

Drei verschiedenen Methoden der Befallsschätzung der Varroamilbe im Bienenvolk wurden von Leon Reinhold (Hohenheim) verglichen.

  • Natürlicher Milbenfall: 10 Milben/Tag
  • Bieneninfektion (Auswaschen der Ammenbienen) 3% infizierte Bienen
  • Zellinfekttion: Öffnen der Zellen (10% der Zellen)

16 Völker wurden von Mai bis Mittel Juli zweiwöchentlich mit all den Methoden bonitiert. Schon während der Saison wurden in diesem Experiment die Schadschwellen früh überschritten.

 

Zellöffnung und Bienenproben zeigten ca. 2 Wochen später als der natürliche Milbentotenfall, dass die Schadschwelle überschritten wurde. Der natürliche Milbenfall ist ökonomischer sehr effizient am Stand (1,5 min.), dabei wurden aber Fahrt- und Rüstzeiten nicht erfasst. Der Bieneninfektionswert konnte in dieser Studie in 4 min durchgeführt werden.

 

Der natürliche Totenfall kann damit laut Leon Reinhold als Frühwarnsystem dienen, der aber durch den Bieneninfektionswert verifiziert werden sollte.

 

Werden Viren von Honigbienen auf Hummeln übertragen?

Live- Blog AG-Tagung der Institute für Bienenforschung

Matthew Wallace (Queens Universität Belfast / Uni Halle) beleuchtete den Übergang von Viren zwischen Honigbienen und Hummeln. 2012 wurden Proben von 4 Standorten in England in drei aufeinanderfolgenden Monaten gesammelt und molekular auf die Präsenz von DWV-B und BQCV untersucht.

 

Meist steigen die Virenlasten im Laufe des Jahres bei Honigbienen an und ist generell höher als bei den Hummelarten. Für alle vier Standorte wurden eigene Virenvarianten gefunden.

 

Die Ergebnisse legen nahe, dass es einen sogenannten „Spillover-Effekt“ von Honigbienen auf Hummelpopulationen gibt.

 

Verbreitungsphase auf erwachsenen Bienen hilft der Reproduktion von Varroamilben

Live- Blog AG-Tagung der Institute für Bienenforschung

Lina Sprau (Landesanstalt für Bienenkunde Stuttgart Hohenheim) beleuchtet die Verbreitungsphase der Varroamilbe (V. destructor). Es wurden Viren mit „normaler Entwicklung“ und“ gestörter Reproduktion“ (Kriterien: keine Nachkommen, kein Männchen, nur Männchen oder Störungen in der Entwicklung) betrachtet. Dabei wurden reproduktive Muttermilben (Muttermilben und die 1. Tochter) für die Kontrolle direkt nach dem Schlupf in eine andere Zelle mit einer Honigbienenlarve einsetzt.

 

Die Testgruppen wurden 1 oder 3 Tage lang auf eine erwachsene Biene gesetzt und erst dann in eine neue Zelle eingesetzt. Das Experiment wurde 2022 in Deutschland sowie 2023 in Südkorrea durchgeführt.  

 

Insbesondere die Tochtermilben mit einer direkten Wiedereinsetzung in eine neue Zelle zeigten signifikant höhere Reproduktionsstörungen in der nächsten Generation. Die Milben scheinen daher eine Verbreitungsphase auf den Bienen für eine normale Reproduktion benötigen.

 

Senkung der Virenlast (DWV) durch innovative Behandlungsweisen

Live- Blog AG-Tagung der Institute für Bienenforschung

Aus dem Projekt VitalBiene stellte Lioba Hilsmann (Uni Würzburg) gesundheitliche Aspekte der Haltung von Honigbienen mit einer „herkömmlichen“ und einer „innovativen“ Betriebsweise, in der ein neues Varroakonzept getestet wird. Gründe dafür sind, dass die Ameisensäurebehandlung im Sommer bei hohen Temperaturen nicht angewendet werden kann sowie im Winter bei hohen Temperaturen die Brutpause wegfallen könnte, was eine Oxalsäurebehandlung im Winter nicht möglich macht. Beide Fälle werden wird mit dem Klimawandel öfter auftreten. Anstelle der Sommer-Ameisensäurebehandlung und der obligatorischen Winterbehandlung wird in der innovativen Betriebsweise die Königin im Sommer gekäfigt und in der folgenden brutfreien Zeit mit Oxalsäure behandelt. Die Oxalsäurebehandlung im Winter wird dann nur noch bei Bedarf nach Schadschwellen durchgeführt.

 

Hier präsentierte Ergebnisse betragen die Last an Varroamilben und DWV-Viren.

 

Die Proben wurden im April nach der Auswinterung, Ende Juni (vor der Behandlung) sowie vor der Einwinterung als frisch geschlüfte Bienen und Sammlerinnen gesammelt. Aus den Abdomen wurde die RNA Extrahiert und mittels qPCR analysiert.

 

Die Virenlast war kurz vor der Behandlung in der innovativen Methode signifikant höher als in der herkömmlichen Betriebsweise, dieser Unterschied war aber nach der Behandlung nicht mehr sichtbar. Das bedeutet laut Lioba Hilsmann, dass die Oxalsäurebehandlung nach dem Käfigen auch die Virenlast mit DWV wirksam senkt.

 

Beeinflusst ein WLAN Honigbienenverhalten, Genexpression oder Blütenbesuche?

Live- Blog AG-Tagung der Institute für Bienenforschung

Manuel Treder (Uni Hohenheim) gab einen Überblick über die Forschung zur Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf Bienen (Honigbienen und Wildbienen). Niederfrequente elektrische und magnetische Felder entstehen z.B. unter Starkstromleitungen. Bei Datenübertragungen hingegen entstehen hochfrequente elektromagnetische Felder (5G, Bluetooth etc.). Die Forschung fand in Kooperation mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

 

Welche Bereiche werden untersucht?

 

  • Verhalten und Fitness
  • Genexpression
  • Blütenbesuche

 

Es wurde eine gerichtete Strahlungsquelle mit definierter Intensität von 2,4 und 5,8 GHz (Strahlungsintensität identisch mit WLAN Routern).

 

16 Völker in MiniPlus Styropor Beuten, durch die die Strahlung gut hindurchgelangt, wurden über die gesamte Saison bestrahlt und daraus Messdaten entnommen:

 

Resultate Verhalten:

 

  • Keine Effekte auf die Brutentwicklung
  • Effekte auf das Überleben der geschlüpften Jungbienen: Erst, wenn die Bienen beginnen, zu fliegen (ca. ab Tag 10).

 

Zusätzlich wurden Bienen entweder kurz oder lang bestrahlt (über die ganze Saison) und danach die Heimkehr-Raten dieser Bienen gemessen, wenn sie 500m weiter weg ausgesetzt werden und den Heimweg finden müssen.

 

Resultate Genexpression:

 

  • 33 Gene waren signifikant in ihrer Expression beeinflusst.

Zusätzlich stellten die Forscher:innen die Frage, ob elektromagnetische Felder Bestäuber bei ihren Blütenbesuchen stören.

 

Bei einem Blindversuch mit über mehrere Wochen im vierstündigen Rhythmus abwechselnd an- und ausgeschalteten Bestrahlungen von Blütenpflanzen wurden im Anschluss Zählungen von Bestäubern an den Blüten durchgeführt. Diese ergaben keine Effekte auf den Honigbienenbeflug, jedoch signifikante Effekte auf die Hummelbesuchsraten.

 

Zusammenfassend bewertet Manuel Treeder die Effekte von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern als sublethale Stressfaktoren.

 

Kupfer als Fungizid und die Wirkungen auf Honigbienen

Live- Blog AG-Tagung der Institute für Bienenforschung

Elsa Friedrich (Universität Hohenheim) zeigte Ergebnisse von Untersuchungen eines kupferhaltiges Fungizids, das im ökologischen Landbau Anwendung findet und dessen Wirkung auf Honigbienen. Es wirkt als Kontaktfungizid und hat eine Ausbringungsgrenze von 3kg/ha/Jahr. Alle Präparate sind als B4 klassifiziert. Tankmischungen und Anwendungsfehler können allerdings zu Bienenschäden führen. Kupfer akkumuliert in den Blüten der Pflanzen.

 

Hier wurden Blütenanalysen in der Apfelplantage (Apfelbäume und Löwenzahl-Blüten aus dem Unterwuchs) Käfigversuche und Freilandversuche durchgeführt.

 

Ergebnisse:

 

  • Auf den Löwenzahn Blüten wurde nach der Applikation des Fungizids mehr als 3x höhere Konzentrationen des Kupfers gefunden, als an den Apfelblüten.
  • Die Überlebenswahrscheinlichkeit der Bienen in den Käfigen nahm bei der Fütterung mit Kupferhaltigen Lösungen mit der Konzentration ab.
  • Wenn die Bienen die Wahl haben, Futter mit oder Kupfer abzunehmen, waren die Effekte abgedämpft. Dies gilt nicht für die höchste gefütterte Konzentration (200 mg/l).
  • Die Gesamtfuttermenge, die im Versuch abgenommen wurde, nimmt mit steigender Kupferkonzentration ab.
  •  Im Freiland fanden sich folgende Ergebnisse: Die Ausräumraten von exponierten Larven stiegen mit der Kupferexposition und die Überlebenswahrscheinlichkeiten sanken.

 

Die Auswirkungen von Schwermetallen auf Honigbienen sollen daher auch zukünftig in Hohenheim untersucht werden.

 

Boscalid Rückstände in deren Verbringung ins Bienenvolk

Live- Blog AG-Tagung der Institute für Bienenforschung

Karoline Wueppenhorst (Julius-Kühn-Institut) untersuchte ein oftmals gefundenes Fungizid in Bienenvölkern (Boscalid) und den Weg der Verbringung ins Bienenvolk. Das Experiment fand 2022 an 5 Standorten mit jeweils 2 Völkern pro Standort und Gruppe (Boscalid Behandlung und Kontrolle) statt.

 

Die Rückstände wurden in verschiedenen Matrizes untersucht: Im Pflanzenmaterial, Pollenkörbchen, Honigblasen, Bienenbrot und Nektarvorräte im Volk, Köpfen von Ammenbienen, Drohnenfuttersaft, Arbeiterinnenfuttersaft und Königinnenfuttersaft (Larvenstadium L3 und L4). Die Rückstände werden in diesem Verbringungsweg bis zur Einlagerung im Volk und der Verarbeitung in den Futtersaftdrüsen immer geringer.

 

Im Bienenbrot wurde aufgrund der lipophilen Eigenschaften des Boscalids allerdings viel höhere Rückstände als im Nektar gefunden. In den Extrakten aus den Arbeiterinnenköpfen wurden fast keine Rückstände gefunden, diese stiegen dann erst im Königinnenfuttersaft, weiter im Arbeiterinnenfuttersaft an und waren am höchsten im Drohnenfuttersaft, der am meisten Pollen enthält.

 

Über die Sicherheit einer Belegstelle

Live- Blog AG-Tagung der Institute für Bienenforschung

Richard Bernstein (Hohen Neuendorf) stellte Untersuchungen zur Verlässlichekeit einer Belegstelle (Erbeskopf, RLP, Bergland) vor. Bei Landbelegstellen ist kein völliger Ausschluss von Fremddrohnen (d.h. Drohnen, die nicht aus den aufgestellten Drohnenvölkern stammen) möglich.

 

Hintergrund: Vaterschaftskontrolle auf der Basis von SNPs. Die Anzahl gegensätzlicher Homozygoter zwischen zwei Genotypen an vielen Genorten wird gemessen – wenn fast keine gefunden werden, ist eine hohe Verwandschaft nachgewiesen, bei sehr vielen eine sehr geringe Verwandschaft.

 

Für die Untersuchung wurden die Drohnenvölker auf der Belegstelle mit einem neu entwickelten SNP-Chip genotypisiert.  und den genetis

 

Ca. 2/3 der Arbeiterinnen aus den Völkern hatten einen Vater aus dem Drohnenspender Volk, die anderen 1/3 nicht.

 

Eine statistische Analyse zeigt, dass die Sicherheit der Belegstelle zwischen ca. 587 und 77% liegt (mit 95%-iger Wahrscheinlichkeit. Außerdem wurde mit einer Hautpkomponentenalyse die genetische Verwandschaft analysiert (genomische Verwandschaftsmatrix) und einige interessante Ausreißer der Fremddrohnen gefunden. Die Herkünfte der Drohnenvölkern (2 Linien) unterschieden sich in dieser Matrix deutlich.

 

Strategien der künstlichen Besamung von Honigbienenvölkern

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Manuel Du (Hohen Neuendorf) stellt Modellierungen verschiedener Strategien der instrumentellen Besamung von Honigbienen und eine Bewertung dieser hinsichtlich des Zuchtfortschritts vor.

 

Die verglichenen Strategien umfassten die Ein-Königin-Besamung und die Pool-Besamung mit mehreren Vaterköniginnen. Über 20 Jahre wurden mit der Simulation BeeSim (Plate et al. 2019) der Zuchtverlauf simuliert.

 

Bei der Ein-Volk Besamung war ein höherer genetischer Fortschritt (im Sinne eines gesteigerten Zuchtwerts) als Ergebnis der Simulation zu sehen, da sie eine kontrolliertere Anpaarung ermöglicht und weniger Varianz generiert. Merkmale der Vitalität, die in der Zuchtwertschätzung bislang nicht so sehr erfasst werden, könnten dadurch jedoch dennoch eingeschränkt werden. Jedoch steigt mit einer Ein-Drohn-Besamung auch die Inzuchtrate. Diese hohe Inzucht tritt vor allem bei der Kombination mit der Zuchtwertschätzung (Selektion nach Phänotyp) auf.

 

Daher schlägt M. Du eine Anpassung der Selektion in der ZWS ein, analog zu anderen Nutztieren (Selektion innerhalb der Familie und/oder Optimum Contribution Selection).

 

Arbeiterinnen legen Eier, die zu Königinnen werden (Pseudoqueens) bei A. m. capiensis

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Johanna T. Pieplow (Leibnitz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels Bonn) stellt eine Forschung zur Kap-Honigbiene A capiensis vor. Diese sind eine ganz spezielle Unterart, da sie durch Thelytokie (eine Form der Parthogenese) in der Lage sind, die Eier von Arbeiterinnen (die bei längerer Abwesenheit der Königin in Eilage gehen) zu Königinnen heranzuziehen. So kann sie sogenannte Pseudoköniginnen generieren, die dann teilweise auch andere Bienenvölker „infiltrieren“ können. So kann sie als sozialer Parasit für andere Unterarten fungieren: Die südafrikanische Population der A. mellifera scutellata ist in der Hypridisierungs-Zone davon besonders betroffen. Diese Völker werden „die Klone“ genannt, da sie wahrscheinlich alle von einer oder wenigen Königinnen von A. m. capiensis abstammen.

 

Nach nur 10 Generationen können in dieser nicht-sexuell reproduzierenden Population jedoch schwerwiegende genetische Einschränkungen auftreten (Tendenz zur Homozygenität). Außerdem treten auch stark schädliche Mutationen auf.

 

Inwieweit das wirklich der Fall ist, wurden hier in 110 Proben von „Clone“ Völkern untersucht, deren Genom sequenziert und verglichen wurde. Der Anteil heterozygoter SNPs wurde dargestellt. Über die Jahre lässt sich zeigen, dass die homozygoten Loci immer weiter in Richtung des Zentromers des Chromosoms voranschreiten. Auf einem Chromosom (16) ist das aber nicht der Fall. Warum? Diese Frage bleibt in weiteren Experimenten zu klären.