Hauptvortrag: Genomische Selektion bei der Honigbiene

Live-Blog von der AG- Tagung der Insitute der Bienenforschung 2024

Keynote Vortrag Dr. Geertje Petersen

   

Im Hauptvortrag der Tagung beleuchtet Gertje Petersen die Genomische Selektion von Honigbienen aus einer Tierzucht- Perspektive mit folgenden Inhalten:

  •          Genetische Information: Was ist das?
  •          Zuchtarbeit: Wie, Warum, Erfolge und Grenzen
  •           Züchterische Herausforderungen für die Honigbiene
  •           Limitationen
  •           Ausblick: Was passiert, was könnte zukünftig passieren?

 

Zuchtarbeit KANN zur Domestizierung führen – was bei Honigbienen jedoch nicht unbedingt passiert ist.


Generell läuft Zuchtarbeit so ab:

 

  •           Definition des Zuchtziels
  •           Leistungsbewertung der Selektionskandidaten und Zuchtwertschätzung
  •           Slektion der Besten Individuen
  •           Gezielte Anpaarung

 

Analogien zu anderen Tierarten (Rinder, Hühner, Fischarten in der Aquakultur) illustrieren die Inhalte.

 

 

Unterschiede zwischen molekularen und genetischen Markern sind folgende: Molekulare Marker sind bzw. Allyzyme oder Alloenzyme, die für Menschen und Fruchtfliegen (Drosophila) schon 1966 etabliert wurden und zumeist bis 2000 genutzt wurden. In den 1980ern wurden sie von RFLP ( REstirction Enzyme Fragment Length Polymprphism) ergänzt. Später wurde SAPD (Ramdom amlified polymorphic DANN) entwickelt, gefolgt von mitochondrialen DANN Markern (mtDNA), die noch heute in Gebrauch sind. Bei genomischer Selektion dagegen basieren die Informationen auf den DNA Sequenzen (aus dem Genom eines Individuums (Teil- oder Vollgenomsequenzen) oder lokalisierten Markern (Minisatteliten, Mirkosatellitern oder DNPs/SNVs. Diese werden viel in der Tierzucht verwendet, etwas weniger für Pflanzenzucht. Man weiß viel über SNPs, vor allem wo genau sie auf dem Gen plaziert sind, und manchmal sogar, wofür sie evtl. verantwortlich sind.

 

 

Wodurch kann genetische Information zu Zuchterfolg beitragen?

 

  •           Massenselektion (einzelne Kandidaten aufgrund ihrer eigenen Leistung auswählen)
  •           BLUP – Selektion: Selektion aufgrund eigener Leistungen und der Verwandten
  •           gBLUP- Selektion: ähnlich BLUP, aber die Abstammung wurde hier durch genetische Informationen ersetzt
  •           genomische Selektion: Selektion ohne Erfassung der Merkmale des einzelnen Individuums

 

Die Entwicklung der Zuchtarbeit trug schon immer zur Geschwindigkeit des Zuchterfolgs bei! Neu ist, dass seit der Implementierung genomischen Selektion auch die Generationszeit reduziert wurde und daher eine weitere Geschwindigkeitserhöhung stattfinden konnte, was einen sehr großen Unterschied z.B. hinsichtlich der Bewertung eines Zuchtbullen macht, der einige Jahre bis zur Geschlechtsreife und der Bewertung seiner Nachkommen benötigt oder bei der Bewertung des Zuchtfortschritt bei Baumarten. Im Unterschied dazu ist dieser Vorteil bei Honigbienen nicht ganz so stark ausgeprägt, da die Honigbienenköniginnen sowieso eine eher geringe Reproduktionszeit haben.

 

Außerdem können schwer selektierbare Merkmale leichter züchterisch bearbeitet werden, ein Beispiel ist oder auch die Messung von „Fruchtbarkeit“ als Zuchtziel.

 

Die Grenzen der genomischen Zuchtarbeit:

 

  •           Einzelindividuen ohne weitere Informationen bewerten: Das Umfeld, die Abstammung sind trotzdem noch wichtig.
  •           Viele Genotypen müssen verfügbar sein, um überhaupt mit der züchterischen Bearbeitung anzufangen.
  •           Über Generationen hin müssen sich die Marker und Methoden ständig anpassen.
  •           Sie können nicht einfach rassen- oder populationsübergreifen eingesetzt werden, da die Marker sehr speziell sind, zumindest bei z.B. Schafen, die sehr lokal angepasst sind und sehr unterschiedliche Phänotypen haben (im Unterschied zu Milchvieh beispielsweise).

 

Herausforderungen in der Bienenzucht - Veränderungen durch den Klimawandel:

 

  •           Phänologische Veränderungen, z.B. Trachtlücke im Hochsommer mit dadurch induzierten Brutpausen
  •           Verschiebung und Verlängerung der Bienensaison

 

Daraus folgt, dass die Leistungsprüfung ausgedehnt werden sollte, um die Spättrachten und auch die Anpassungsfähigkeit in verschiedenen Jahren testen zu können. Die Selektion auf Varroatoleranz sollte genauso wie die Überwinterungserfolge und Krankheitsereignisse besser erfasst werden.

 

Bei Honigbienen sind die Zuchtziele sehr komplex. Synergistische Anwendung von genomischer Zucht und automatisierter Leistungsprüfung sowie künstlichen Besamung könnte laut Gertje Petersen zu einem enormen Zuchtforschritt führen, wobei noch immer gilt: „Phenotype is KING“.

 

Ein Beispiel für die „Automatische Leistungsprüfung“ wäre diese Methode: Die Völker können mit einer maschinellen Erfassung der Flugaktivität in „Frühaufsteher“ und „Langschläfer“ eingeteilt werden, sie haben unterschiedliche Hauptaktivitätszeiträume. Sie konnten daher auch Völker speziell für die Nutzung spezieller Trachten (z.B. Lavendel, der sehr früh, gegen 11 Uhr vormittags blüht) ausgewählt werden.

 

Die Variation der Gene von Völkern an einem Bienenstand ist (im Vergleich zu anderen Nutztierarten) sehr hoch, bis zu 250%.

 

Zusammenfassend bewertet Gertje Petersen die Genomische Selektion als wertvollen Beitrag, aber kein Allheilmittel und fordert die Kombination mit klassischer Zucht und stetige Anpassung der Methoden.

 

 

Spätestens nach dieser Präsentation dürfte Dr. Gertje Petersen ihren Platz als Leiterin des LAVES Bieneninstitut Celle in der deutschen Bienenforschungslandschaft gefunden haben. Sie stellte auch ihren Werdegang vor, dabei vor allem die Ausbildung in Neuseeland (Veterinärstudium) und Arbeit in einer dortigen Genetics-Firma.